Im Sommer 1990, kurz nach dem Fall des eisernen Vorhangs, beschließt die New Yorker Musikjournalistin Ruth eine Reise nach Polen zu unternehmen, dem Heimatland ihrer Eltern. Dort, in einem Land, in welches sie niemals einen Fuß gesetzt hat und dessen Sprache sie nicht spricht, will sie die Geschichte ihrer Familie erkunden – und dies natürlich in Begleitung ihres erst kürzlich verwitweten Vaters Edek. Doch der ist alles andere als begeistert und verweigert sich den Reiseplänen erst einmal rundheraus. Das ist nicht verwunderlich, denn Edek (Stephen Fry) erlebte nicht nur das Ghetto in seiner Heimatstadt Łódź, wo er auch bereits seine spätere Frau kennenlernte, beide wurden auch nach Auschwitz deportiert. Als Holocaust-Überlebende kamen die beiden nach Kriegsende in die USA, wo Ruth zur Welt kam und aufwuchs.
Der Begriff der „Retraumatisierung“ ist heute allgemein bekannt, doch für die 36-jährige Ruth (Lena Dunham), die selbst einen ganzen Sack voller Komplexe und Befindlichkeiten mit sich herumschleppt, ist er 1991 vermutlich ein nie gehörtes Fremdwort. Sie hat die Reise minutiös geplant und sogar die Bahnfahrkarten vom Warschauer Flughafen nach Łódź und Auschwitz bereits von New York aus gebucht. Dass ihr Vater ihr versichert, es sei ihm unmöglich, jemals wieder in einen polnischen Zug zu steigen, findet sie absurd. Denn, so zitiert sie einen Reiseführer, „das polnische Eisenbahnsystem ist zuverlässig, sicher und preisgünstig“.
Dennoch landet das ungleiche Vater-Tochter-Gespann kurz darauf in einem für beide völlig fremden Land und die groteske Komödie nimmt ihren Lauf, was nicht zuletzt auch den beiden Hauptdarstellern zu verdanken ist. Edek meidet die Eisenbahn, Ruth das fettreiche polnische Essen und ernährt sich kalorienarm aus den mitgebrachten Tupperdosen, was wiederum Edek völlig absurd erscheint, der die Küche seiner Kindheit preist. Im Roman preist er (trotz jüdischer Herkunft) den polnischen Schinken als den unbestreitbar besten der Welt.
Treasure basiert auf dem semi-autobiografischen Roman Too Many Men der polnisch-australischen Bestseller-Autorin Lily Brett, welche ähnliche Reisen unternahm. Den fiktiven Figuren Ruth und Edek Rothwax widmete sie drei Romane, Too Many Men wurde von der Kritik als »her most funny one« beschrieben. Lily Brett wurde als Lilijahne Brajtsztajn 1946 in einem einem Flüchtlingscamp nahe Dachau geboren, wo sich ihre Eltern nach einer monatelangen Suche seit ihrer Befreiung aus Auschwitz wieder gefunden hatten. Als Musikjournalistin schrieb sie für australische Zeitschriften über das „Monterey Pop Festival“ (1967) sowie ihre Begegnungen mit Jimi Hendrix, Mick Jagger, Jim Morrison und anderen. Im australischen Fernsehen moderierte sie einige Jahre eine wöchentliche Rock-Sendung. Seit 1989 lebt sie in New York und schreibt Lyrik und Romane. An ihrem Berlinale-Auftritt zur Premiere von Treasure hatte sie ganz offensichtlich großes Vergnügen.