May December ist ein amerikanischer Spielfilm von Todd Haynes mit Natalie Portman und Julianne Moore in den Hauptrollen. Punkt.
Die Ankündigung einer Kinovorstellung auf eine derart lakonische Aussage zu beschränken und dennoch auf ein volles Haus zu hoffen, dürfte heute fast absurd erscheinen – nicht nur in einem Programmheft wie diesem. Vor 70 Jahren hätte eine Ankündigung wie „amerikanischer Spielfilm von Douglas Sirk mit Lauren Bacall und Barbara Stanwyck in den Hauptrollen“ einem Kinobetreiber mit Sicherheit ein reichliches Publikum eingebracht. Das amerikanische Kino war ein Paradigma und eine verlässliche Größe weltweit. Die Namen einzelner Regisseure und DarstellerInnen sowie vor allem die Kombination dieser konnte als Beschreibung des zu erwartenden Genres und der Handlung ausreichen. Der Name Douglas Sirk – insbesondere wenn kombiniert mit zwei Schauspielerinnen – konnte ein (Melo-)Drama mit Tiefgang garantieren. Von den Details der Handlung konnte man sich dann guten Gewissens beim Kinobesuch überraschen lassen.
Douglas Sirk, der 1897 in Hamburg als Detlef Sierck geboren wurde und wegen seiner jüdischen Ehefrau Deutschland 1937 verließ, war einer der erfolgreichsten Regisseure im Hollywood der 50er Jahre. Heute ist er leider fast völlig vergessen. Todd Haynes bezeichnet ihn als eines seiner großen Vorbilder und hat 2002 eine Hommage an ihn gedreht, ebenfalls mit Julianne Moore in der Hauptrolle. Aber auch Wim Wenders und Aki Kaurismäki haben Sirks Filme immer wieder als wichtiges Vorbild genannt.
Doch das amerikanische Kino hat seither viel an Strahlkraft eingebüßt und befindet sich eigentlich seit zwei Jahrzehnten in einem kontinuierlichen Niedergang. Regisseure wie Alexander Payne (siehe Seite XX) oder hier Todd Haynes, die noch an die großen Traditionen amerikanischen Erzähl-Kinos anknüpfen, sind selten geworden. Daher wollen wir den Einleitungssatz doch noch ein wenig ergänzen: Die junge Schauspielerin Elizabeth (Portmann) besucht die ältere Hausfrau Gracie (Moore), welche sie in einem Film darstellen soll. Denn 20 Jahre zuvor war Gracie in einen Skandal verwickelt, der landesweit für Schlagzeilen sorgte und sie auch für einige Jahre ins Gefängnis brachte. Im Laufe einer Woche dringt Elizabeth immer tiefer in die Geheimnisse Gracies und der „alten Geschichten“ ein … Douglas Sirk hätte der Film gefallen.