Über vier Jahreszeiten, vom Winter bis in den Herbst, etwa 9 Monate lang, die Dauer einer Schwangerschaft begleitet der Film eine Saunagemeinschaft estnischer Frauen. Etwa ein knappes Dutzend dürften sie sein, die sich immer wieder zum gemeinsamen Schwitzritual in einer Blockhütte tief im Wald zusammenfinden. Keine übliche Wellness-Sauna, sondern eine spirituelle „Rauchsauna“, in der nicht nur der Körper gereinigt wird, sondern vor allem auch die Seele.
Wir sehen sie bei der Vorbereitung, dem Heizen der Sauna; sehen sie im Sommer, wenn sie gemeinsam vor der Hütte singen und musizieren oder die Rauchsauna auch zum Räuchern von Geflügel nutzen, welches sie gemeinsam verzehren. Vor allem aber hören wir sie, hören ihnen zu – wenn sie im Dunkel der Sauna sprechen. Sie sprechen, erzählen, philosophieren …. über Verletzungen und Erfahrungen, geben Details von sich preis, die nur hier in der Schwesternschaft der Rauchsauna ausgesprochen werden können. Die aber auch hier ausgesprochen werden müssen, um gemeinschaftlich geheilt werden zu können. Es wird jedoch auch viel gelacht – wenn es beispielsweise um die (ungelöste) Frage geht, warum Männer auf Dating-apps dick-picks verschicken. Dann aber auch wieder um die Herausforderung, den eigenen Körper zu akzeptieren, oder als Frau in einer patriarchalen Gesellschaft zu überleben – die Frauen sind zwischen Mitte 20 und Ende 70 – dementsprechend unterschiedlich sind ihre Erfahrungen. Krankheit und Tod, das Recht auf Abtreibung. Mütter und Mutterschaft.
In der Intimität der Rauchsauna schafft die Kamera Bilder, die niemals voyeuristisch sind, sondern in ihren Kontrasten an die chiaroscura-Ästhetik alter Meister erinnern. Oft Gesichter in Nahaufnahmen – nie jene der Sprecherinnen, sondern immer nur jene der Zuhörerinnen, in denen wir die Reaktionen auf die offenbarten Zeugnisse lesen. Manchmal Hände – dann jene der Sprecherin, in denen wir die emotionale Bedeutung der gesprochenen Worte lesen.
Die Rauchsauna, älteste und archaischste Form baltischer Schwitz-Traditonen, existiert heute fast nur noch im äußersten Südosten Estlands. 2014 wurde sie in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.