Eileen Gray, Jahrgang 1878, war eine aus Irland stammende Architektin und Designerin. Um 1900 studierte sie als eine der ersten Frauen an der „Slade School of Art“ in London, zog dann nach Paris und begann dort zunächst Designermöbel zu entwerfen und bald auch ganze Innenräume zu gestalten. Um 1920 lernte sie den rumänischen Architekten Jean Badovici kennen, der Herausgeber einer Architekturzeitschrift war. Er überzeugte sie – so stellt es der Film dar – sich auch als Architektin zu versuchen. So ließ Gray dann nach ihren Entwürfen auf einem Küstengrundstück an der französischen Riviera ein Haus bauen – genannt E.1027 –, das für sie und Badovici ein Rückzugsort sein sollte.
Doch es kam anders. Nachdem Badovici eine ganze Ausgabe seines Magazins dem Haus gewidmet hatte, gaben sich ständig Besucher die Klinke in die Hand, woraufhin Eileen Gray wieder auszog. Zu den Besuchern gehörte auch Le Corbusier, der die von Gray bewusst weiß gehaltenen Wände mit knallebunten Bemalungen versah. Erst durch seine Wandgemälde, so Le Corbusier später im Streit mit Eileen Gray, habe das Haus seine Vollendung gefunden. Er widersprach auch nicht, als Zeitungen ihn als Architekt des Gebäudes benannten.
Ich hatte bis zu diesem Film noch nie etwas von Eileen Gray gehört. Als ich dann aber im Film die Möbel sah, die sie designed hat, waren sie mir durchaus bekannt. Es ist schön, dass dieser Film die Künstlerin fünfzig Jahre nach ihrem Tod ins Bewusstsein zumindest einer Kino-Öffentlichkeit rückt. Eileen Gray und das Haus am Meer ist in seiner Mischung aus Archivmaterialien, Aufnahmen vor Ort und Spielszenen, erkennbar nachgestellt auf einer Theaterbühne, auch filmisch interessant gestaltet. Und es ist leider ein weiteres Beispiel dafür, wie männliche Künstler keine erfolgreichen Frauen neben sich dulden können.
Und das Haus am Meer? Es gehört heute dem französischen Staat, der es vor dem Verfall gerettet und als Denkmal zugänglich gemacht hat. Allerdings mit den Wandmalereien von Le Corbusier. Die Regisseurin Beatrice Minger hat für einige Szenen mittel Special Effects die Wände wieder weiß werden lassen – so vermittelt der Film einen Eindruck davon, wie sich Eileen Gray ihren Rückzugsort eigentlich gedacht hatte. Ein Haus, das lichtdurchflutet und offen eine großartige Verbindung zum Meer eingeht.