Das Jahr 1972 markiert einen Meilenstein in der Mediengeschichte: Nach dem Start des ersten geostationären Kommunikationssatelliten „Early Bird“ sieben Jahre zuvor sind inzwischen so viele Satelliten am Himmel, dass die Olympischen Spiele 1972 in München live in weite Teile der Welt übertragen werden können. So hat auch der amerikanische Sender ABC ein Team von Sportreportern und Technikern in München stationiert, die stundenweise live nach USA berichteten.
Es sollte ein Festival des Sports und der Völkerverständigung werden. Doch dann fallen im Morgengrauen des 5. September Schüsse im Quartier des israelischen Teams. Eine Palästinensergruppe bringt elf OIympioniken als Geiseln in ihre Gewalt, um die Freilassung von in Israel inhaftierten Palästinensern zu erpressen. Über 22 Stunden hinweg erstreckt sich die Geiselnahme, die Polizei und Politik überfordert und in einem Desaster mit dem Tod aller Geiseln endet.
September 5 schildert den Tag aus der Perspektive der Sportjournalisten. Es ist ein hochspannendes Drama, gedreht als Kammerspiel im originalgetreu nachgebauten Redaktions-Container von ABC. Die Nachrichtenlage ist undurchsichtig, und die Arbeit wird überschattet vom Kompetenzgerangel mit den Redakteuren der News-Redaktion in USA. Die Reporter vor Ort versuchen, sich aus deutschen Hörfunk- und Fernsehnachrichten, eigenen Beobachtungen, Spekulationen und dem Abhören des Polizeifunks ein Lagebild zusammenzureimen. Doch was passiert wirklich gerade in diesem Augenblick? Was ist gesicherte Information, was ist Fake? Soll man auch ungesicherte Fakten senden, um bei den „Breaking News“ vorn dabei zu sein? Und es stellen sich Fragen zur ethischen Verantwortung. Was ist, wenn auf dem Balkon der Israelis eine Geisel vor laufender Fernsehkamera erschossen wird? Darf man das senden? Sollen die Angehörigen das sehen können? Und spielt man nicht überhaupt mit der Liveberichterstattung den Geiselnehmern in die Hände? Alles Fragen, die in der heutigen Medienwelt weiter an Bedeutung gewonnen haben.