Was wissen wir, was erfahren wir in den Medien über Somalia? Richtig, das ist doch das Land am Horn von Afrika, wo Piraten Handelsschiffe überfallen… Diesem News-Bild entsprechend, beginnt Mo Harawes Spielfilm The Village Next to Paradise mit einer Sequenz aus Fernsehnachrichten: Es wird berichtet, dass mit US-amerikanischen Drohnen auf einer Küstenstraße in Somalia ein Auto bombardiert wurde, in dem angeblich ein islamistischer Terrorist saß.
Nach dieser kurzen Eingangssequenz handelt der Spielfilm dann vom Alltag einer dreiköpfigen Patchwork-Familie und wie sie unter den schwierigen Lebensbedingungen in Somalia (Bürgerkrieg, Dürren, Hungersnot, Armut, Bildungssystem zusammengebrochen) zu überleben versucht. Da ist Mamargrade, der als Totengräber mit Pickel und Schaufel Erdlöcher aushebt, immer öfter nicht mehr den vereinbarten Lohn für seine Arbeit bekommt und sich der neuen Konkurrenz eines Bestattungsunternehmens mit Bagger gegenübersieht. Da ist seine Schwester Aaraweelo, die nach ihrer Scheidung bei ihm wohnt, nachdem sie nicht dem Wunsch ihres Mannes nach einer Zweitfrau zustimmen wollte, und jetzt Geld für die Eröffnung der eigenen Nähstube spart. Und da ist der kleine Cigaal, für den Mamargrade zum Ziehvater wurde, nachdem dessen Mutter gestorben ist.
Man schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Man steht sich bei und bestiehlt sich. Es ist ein Leben von heute auf morgen, ohne gesicherte, planbare Perspektiven. Vielleicht wird man auch morgen schon Opfer eines dieser alltäglichen Drohnenangriffe im Rahmen der Terrorabwehr. Als die öffentliche Schule am Ort mangels Geld geschlossen wird, entscheidet Mamargrade, Cigaal auf eine private Internatsschule zu schicken. Er soll es einmal besser haben. Aber wie soll er die Schule bezahlen?
Mo Harawes Film ist mit Laiendarstellern besetzt und bedächtig erzählt, mit außergewöhnlich ruhigen Dialogen, und wunderschön komponierten Bildern in satten Farben.