Ein afrofuturistisches Science-Fiction Musical aus Ruanda. Dass Neptune Frost ein höchst ungewöhnliches Kinoerlebnis ist, versteht sich da eigentlich von selbst und muss nicht groß betont werden. Neptune Frost ist der Abschluss des Multimedia-Projektes „MartyrLoserKing“ welches der haitianische Rapper Saul Williams zusammen mit seiner Lebenspartnerin, der ruandischen Künstlerin Anisia Uzeyman schon seit einiger Zeit betreibt – als Cyber-Art, Performance, Bühnenmusical etc.
Der Film, der auf dem Festival in Cannes seine Premiere feierte, beginnt mit dem jungen Matalusa (der Name ist ein Homophon des Projekttitels MartyrLoserKing), der mit seinem Bruder Tekno in einer burundischen Coltan-Mine arbeit. Hier wird das für Smartphones unerlässliche Mineral unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut. Als Tekno von einem brutalen Aufseher erschlagen wird, flieht Matalusa aus dem Tagebau um den Widerstand gegen die europäischen/amerikanischen/chinesischen Konzerne zu organisieren. Schon bald begegnet er dem/der zweigeschlechtlichen Neptune (im Film von einem männlich und einer weiblichen Schauspielerin verkörpert). Neptune (noch weiblich) verlässt im Alter von 23 Jahren nach dem Tod ihrer Tante und einer traumatisierenden Begegnung mit einem evangelikalen Priester ihr ruandisches Dorf. Schon bald begegnet sie einer Studentenbewegung, welche für Meinungsfreiheit gegen ein autoritäres, korruptes Regime kämpft und muss in den Untergrund gehen, um ihr Leben zu retten. Als sie Matalusa begegnet, verlieben sich die beiden ineinander und erreichen dadurch eine andere kosmische Dimension, wo sie in eine kleine Gemeinschaft mit übersinnlichen Kräften aufgenommen werden. Diese arbeitet mittels Biohacking daran, das von der nördlichen Hemisphäre kontrollierte Internet zu übernehmen und für den afrikanischen Kontinent zu befreien.
Neptune Frost ist grell, bunt und fiebrig vibrierend. Anti-kolonialistisch und vor allem sehr afrikanisch. Wer sich darauf einlässt, wird diese Bilder so bald nicht vergessen, denn Neptune Frost verschiebt alle Grenzen und betört durch sein poetisches Aufbegehren gegen eine ungerechte Weltordnung.