Der Dokumentarfilm IRRE oder Der Hahn ist tot entstand anlässlich des Jubiläums der „Freiburger Hilfsgemeinschaft e.V.“. Sie ist die zweitälteste Einrichtung auf Vereinsbasis für psychisch Erkrankte in Deutschland. Entstanden ist die Anlaufstelle in den 1970er Jahren im Zuge der Antipsychiatriebewegung, die damals die bestehenden psychiatrischen Anstalten als institutionelle „Verwahranstalten“ kritisierte und den Umgang mit psychisch Erkrankten generell. In einem Altbau in Freiburg bietet der Verein einen Mittagstisch an und Begegnungsräume, außerdem Einzelwohnungen und WG-Zimmer für begleitetes, aber selbstbestimmtes Wohnen.
Da ist die Frau, die in Küche und Essensausgabe mitarbeitet, was ihr einen Zuverdienst beschert, vor allem aber ihren Tagen Struktur und Halt gibt. Da ist der Mann aus der Verwaltung, der von seinen epileptischen Anfällen erzählt. Da gibt es die Bewohnerin, die gar nicht „normal“ sein will, weil sie aus ihren Psychiatrie-Erfahrungen für ihre Kunst schöpft. Sie sind die Quelle ihres kreativen Tuns. Allen gemein ist, dass sie teils lange Aufenthalte in einer psychiatrischen Landesklinik hinter sich haben. Manche erinnern sich mit Grauen daran, wie sie dort medikamentös ruhig gestellt wurden. Es gibt aber auch eine Besucherin, die sagt, dass sie ohne die Psychopharmaka den Alltag eben nicht leben könnte. An einer Stelle bricht über die Frage Medikation ja oder nein eine heftige Diskussion aus.
Reinhild Dettmer-Finke begleitet die BewohnerInnen und BesucherInnen respektvoll mit beobachtender Kamera. In einem langen Prozess konnte sie ein Vertrauensverhältnis aufbauen; die ProtagonistInnen erzählen offen über sich und ihre Leben mit der Beeinträchtigung. Der Film soll helfen, sagt die Regisseurin, Menschen mit psychiatrischer Diagnose und ihre Erkrankung zu verstehen und zu ihrer Entstigmatisierung beitragen. Dass es nämlich jeden betreffen kann und durchaus menschlich ist, „irre“ zu sein.