Deutschland 1999

Regie: Veit Helmer
Drehbuch: Michaela Beck, Veit Helmer
Bildgestaltung: Emil Hristow
Musik: Goran Bregovic, Jürgen Knieper
Montage: Araksi Muhibyan
Produktion: Veit Helmer
DarstellerInnen: Denis Lavant, Chulpan Khamatova, Philippe Clay, Terrence Gillespie


101 Minuten

FSK: ab 0

ohne Dialog



Tuvalu

Ein riesiges Schwimmbad, alt, verwahr­lost und menschen­leer. Es blubbert und gluckst darin, pitscht und platscht, und die Wände knarzen. Lauter Töne hört man, still ist es nie und doch fällt kaum ein Wort. Ein Traum­ge­bäude, irgendwo im Nirgendwo eines utopi­schen Ortes, dabei sichtbar dem unausweich­li­chen Untergang preis­ge­geben.

Tuvalu, der Erstling des Münchner Regis­seurs und Film­hoch­schü­lers Veit Helmer ist einer der unge­wöhn­lichsten deutschen Filme. Ein genia­li­scher Streich voller Einfälle, unge­wöhn­li­cher einma­liger Bilder, voller Tricks und Fehler auch, in vielem sichtbar aus zweiter Hand, dabei trotzdem hoch­in­ter­es­sant und ein bisschen wunderbar.
Denn Helmer hat sich getraut, ein Märchen zu erzählen. Es handelt vom guten und bösen Bruder, und spielt an einem unde­fi­nier­baren Ort außerhalb von Zeit und Raum. Hier leben sie mit ihrem blinden Vater und der dicken Mutter in dem ausran­gierten Schwimmbad vor der Welt versteckt. Ein schöne Frau kommt, und stört wieder mal den öden Frieden. Ein visuell unge­wöhn­li­ches Märchen, das ohne jegliche Dialoge auskommt.
Auch formal hat Helmer, dessen jüngster Film Gondola bei uns im Mai zu sehen war, als Film­be­ses­senen, keinen erkenn­baren Kompromiss gemacht. Fast ohne Sprache erzählt er, ganz in Bildern, aber doch mit viel Ton (und der Filmmusik von Goran Bregovic) – wes­wegen dies auch keines­falls ein Stummfilm ist. Sehenswert ist das große Wagnis, dass dieser Film bedeutet, Helmers naiver Mut, ganz auf einen eigenen Stil zu setzen, und die Tatsache, dass hier ein Film aus Deutsch­land wieder einmal etwas mehr wagt, als schicke Appar­te­ments hübsch auszuleuchten.

Villingen
Donnerstag, 08. August 2024
20:00 Uhr
keine Vorstellung