Frankreich, Tunesien u.a. 2023

Regie und Buch: Kaouther Ben Hania
Bildgestaltung: Farouk Laaridh
Musik: Amine Bouhafa
Montage: Jean-Christophe Gym, Qutaiba Brajamij
Produktion: Hend Sabri
DarstellerInnen: Hend Sabri, Olfa Hamrouni, Eya Chikhaoui, Tayssir Chikhaoui, Majd Mastoura

107 Minuten

FSK: ab 12

Festivals&Preise:
München 2023: Bester internationaler Film
Cannes 2023: bester Dokumentarfilm
Oscars 2024: Nominierung als Bester fremdsprachiger Film

Original (arabisch)
mit deutschen Untertiteln



Les filles d`Olfa
Olfas Töchter

»Rhama und Ghofrane hat der Wolf gefressen« antwortet Olfa auf die Frage nach dem Verschwinden der ältesten beiden Töchter.

Ein Dokumentarfilm über die Tunesierin Olfa Hamrouni, deren ältesten beiden Töchter sich 2016 radikalisiert und dem IS in Libyen angeschlossen haben. Eine Mutter-Töchter Geschichte, in der die Zurückgebliebenen zu RegisseurInnen werden, in dem Kaouther Ben Hania die Rollen der beiden älteren Töchter und manchmal auch die von Olfa durch professionelle Schauspielerinnen darstellen lässt, die für Olfa Unverständliches in Szene setzen und so das Verschwinden der älteren Töchter erzählen und zu verstehen versuchen. Berührend wird Olfas vergeblicher Kampf, die Töchter zurück zu holen, der Verlust der Schwestern, das Zurückbleiben der jüngeren, deren Kultur und Wertesystem in Frage gestellt werden, sichtbar gemacht. Ein experimenteller Dokumentarfilm, welcher das Stilmittel des „re-enactment“ nicht nur offensiv verwendet, sondern auch immer wieder thematisiert. Beispielsweise wenn Majd Mastoura, der als Schauspieler sämtliche männlichen Figuren verkörpert, aus der Rolle ausbricht und erklärt, warum er diese emotional nicht weiterspiele könne. Oder wenn Olfa von ihrem Alter-Ego in Diskussionen über sich selbst und ihre eigenen Motivationen verwickelt wird.
Die Tunesierin Ben Hania wechselte in ihren bisherigen Filmen immer wieder zwischen dokumentarischem und Spielfilmformat. Hier mischt sie nun beides auf ungewöhnliche Weise und ist sich der Fallstricke, welche diese experimentelle Technik beinhaltet, durchaus bewusst und scheut sich nicht, sie auch offen zu zeigen. Nach einem Studium an der tunesischen Filmakademie und der Pariser Sorbonne begann sie anfangs mit Dokumentarfilmen und wandte sich erst später Spielfilmen zu. Mit ihren letzten beiden Filmen Beauty and the Dogs (2017) und Der Mann, der seine Haut verkaufte (2020) war sie auf zahlreichen Festivals präsent und sammelte diverse Preise ein. Beide wurden – wie jetzt auch Olfas Töchter, als tunesische Beiträge zur Oscar-Verleihung eingereicht.

Iris Endig-Buchholz
Villingen
Mittwoch, 10. April 2024
20:15 Uhr
Montag, 29. April 2024
20:00 Uhr