Österreich 2024

Regie: Josef Hader
Drehbuch: Josef Hader, Florian Kloibhofer
Bildgestaltung: Carsten Thiele
Montage: Roland Stöttinger
Produktion: Wega Filmproduktion
DarstellerInnen: Birgit Minichmayr, Josef Hader, Thomas Schubert, Robert Stadlober

93 Minuten

Österreichische Originalfassung

FSK: ab 6



Andrea lässt sich scheiden

Das Tragikomische ist die beste Abbildung dessen, was man Leben nennt. Diese Erkenntnis gilt auch für den neuen Kinofilm des österreichischen Kabarettisten und Filmemachers Josef Hader. Nach Wilde Maus, der in Wien spielte, begibt er sich diesmal in die niederösterreichische Provinz. Birgit Minichmayr spielt auf ihre trockene Art eine Polizistin, die nur noch weg will in die nächstgrößere Stadt. Die Arbeit in ihrem Dorf ist öde und langweilig, ihre Ehe mit einem Alkoholiker zerrüttet. Der Wechsel auf eine neue Stelle als Kriminalinspektorin in St. Pölten steht kurz bevor, als Andrea bei der nächtlichen Heimfahrt von einer Feier in einem Moment der Unaufmerksamkeit ihr Noch-Ehemann vors Auto läuft – tot. Andrea begeht Fahrerflucht, und das alles könnte das Ende ihrer Laufbahn als Polizistin sein. Doch dann entwickeln sich die Dinge überraschend ganz anders…

Von diesem Kern ausgehend, rollt Josef Hader mit viel lakonischem Humor das Bild einer Provinzgesellschaft auf, die sich in ähnlicher Weise überall in Europa finden lässt, nicht nur in Niederösterreich. »Die Frauen ziehen weg und die Männer werden immer komischer«, sagt ihr Kollege an einer Stelle im Film, und in der Tat versammelt Hader ein Ensemble verhaltensauffälliger Typen in Andrea lässt sich scheiden: Da gibt es den halsstarrigen, einsamen Bauern, den verwitweten, dementen Vater, den Waffennarren, der sich in seinem Haus verbarrikadiert hat, den Nachbarn, der seinen alltäglichen Rassismus in witzige Bemerkungen kleidet und keine Widerrede erfährt. Es ist allerdings ein Verdienst Haders, dass er all diese Menschen niemals der Lächerlichkeit preisgibt. Es schwingt immer ein bisschen verzweifelter Sympathie mit.

Gekonnt arbeitet Josef Hader die Absurditäten dieses Lebens in einer Dorfgemeinschaft heraus, in der jeder jeden kennt und alle übereinander Bescheid wissen. Und er selbst spielt erneut auch mit – er verkörpert den katholischen Religionslehrer Franz, der geübt ist Schuld auf sich zu nehmen und ebenfalls eine durch und durch tragische Figur ist. Mit diesem Franz hat sich Josef Hader erneut eine Paraderolle ins Drehbuch geschrieben.

Klaus Peter Karger
Villingen
Mittwoch, 05. Juni 2024
20:15 Uhr
Montag, 03. Juni 2024
20:00 Uhr